Es ist wenige Wochen her, da machten amerikanische Großkonzerne Schlagzeilen damit, ihre Diversitätsprogramme abschaffen zu wollen und Maßnahmen für Vielfalt, Inklusion und Gleichberechtigung fallenzulassen. Auch in Europa folgen Unternehmen dem „Anti-Woke-Kurs“. Das hat die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) zum Anlass genommen, um bei den Mitgliedern des Frauennetzwerks Women@DSAG nachzufragen: Wie steht es derzeit um die Chancengleichheit der Geschlechter im Job? Sehen sich Frauen in der IT – einer noch immer männerdominierten Branche – benachteiligt? Oder werden Maßnahmen überbewertet, die eine Geschlechtergerechtigkeit fördern, weil die Gleichstellung am Arbeitsmarkt bereits Realität ist? 139 Frauen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nahmen an der Umfrage teil. Die beiden Sprecherinnen von Women@DSAG, Franziska Niebauer, Beraterin für SAP IS-H bei der Helios Kliniken GmbH, und Anna Hartmann, Geschäftsführerin der in4MD Service GmbH, ordnen die Ergebnisse ein.
Auf die Frage danach, wie wichtig ihnen der Einsatz für Chancengleichheit mit Blick auf die Geschlechter heute noch ist, antworten 86 Prozent der Teilnehmerinnen mit „Wichtiger denn je – Unterschiede sind für mich im Berufsalltag noch stark spürbar“. 10 Prozent geben an „Überbewertet – die Gleichstellung spielt für mich im beruflichen Kontext keine Rolle“ und 4 Prozent haben dazu keine persönliche Erfahrung. „Die Zahlen zeigen eindeutig, dass Chancengleichheit für die Mitglieder unseres Netzwerks nach wie vor ein großes Thema ist, und dass es offensichtlich Maßnahmen und Programme braucht, um Veränderungen anzustoßen“, so Anna Hartmann. „Denn die Situation, dass Frauen sich gegenüber ihren männlichen Kollegen benachteiligt sehen, gibt es nicht erst seit gestern.“
Franziska Niebauer ergänzt: „Die Ergebnisse sind keinesfalls überraschend und doch unterstreichen sie einmal mehr, wie viel Arbeit hier noch vor uns liegt. Vor diesem Hintergrund finde ich den ‚Trend‘, die DEI-Programme in Unternehmen abzuschaffen, sehr bedenklich.“ DEI steht für Diversity, Equity, and Inclusion. Das Ziel dahinter ist es, dass alle Menschen die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, körperlichen Einschränkungen oder der sexuellen Orientierung. Die Women-Umfrage beleuchtet nur einen Aspekt daraus.
Mindset mitentscheidend für den beruflichen Erfolg
Gefragt danach, was den größten Einfluss auf den Erfolg von Frauen im IT-Umfeld habe, nennen 27 Prozent äußere Rahmenbedingungen: Bestehende Strukturen und Netzwerke würden es Frauen objektiv schwerer machen, so die Befragten. Für 10 Prozent ist das persönliche Mindset ausschlaggebend: Erfolg hänge in erster Linie davon ab, wie man sich selbst präsentiert und behauptet. Mit 60 Prozent sagt die Mehrheit, dass sowohl Rahmenbedingungen als auch Mindset im gleichen Maße erfolgsentscheidend sind. 3 Prozent wählen „Sonstiges“ und merken im Freifeld u. a. an, dass optische Gründe eine Rolle für den Erfolg spielen und Stereotype dafür sorgen, dass Frauen erst gar nicht die gleiche Haltung wie Männer entwickeln.
„Es ist bemerkenswert, dass der Großteil der Befragten so stark reflektiert und nicht nur äußere Faktoren, sondern auch die eigene Einstellung als Kriterien identifiziert. Demzufolge können wir Frauen unseren Erfolg zumindest teilweise selbst steuern“, so Hartmann. „Aber eben nur zum Teil, denn was bleibt, sind unter anderem strukturelle Hürden, bestehende Vorurteile und überkommene Rollenbilder, die Frauen per se in eine schlechtere Ausgangslage als Männer versetzen“, fügt Niebauer an.
Schwierige Arbeitsrealität für Frauen in der IT-Branche
Das spiegelt die Mehrheit der insgesamt 108 Rückmeldungen wider, die als Freitextantworten kamen, auf die Frage nach der Arbeitsrealität von Frauen in der IT-Branche: Die Kommentare reichen von „als Frau muss man sich doppelt bewähren“ und „man wird nicht ernst genommen, Männer werden mehr gehört“ bis hin zu „häufige Abwertung typisch ‚weiblicher‘ Eigenschaften wie Emotionalität“. Genannt wird, dass Care-Arbeit immer noch bei Frauen verortet wird und spätestens, wenn Frauen wegen Erziehungszeiten ausfallen, gehen Projekte und Führungsverantwortung an Männer über. Förderung von Frauen ist laut Umfrage oftmals stark vorgesetztenabhängig, in den höheren Führungsriegen befinden sich dann ohnehin kaum Frauen mehr und Gehälter klaffen außerdem im Vergleich Mann/Frau stark auseinander. „Das sind erschreckende Erfahrungen, die innerhalb von Women@DSAG geteilt werden“, resümiert Hartmann. „Mut macht immerhin, dass nicht alle Antworten negativ ausfallen. Es gibt auch einige wenige erfreuliche Erfahrungen.“
Auf der positiven Seite stehen Kommentare wie: Es bestehen zwar noch Unterschiede, aber „es tut sich etwas“, und man erlebt „einen Austausch auf Augenhöhe“, obwohl der Großteil der Kollegen männlich ist. Einige Teilnehmerinnen geben außerdem an, dass es in ihren Unternehmen Diversitätsprogramme gibt, die gelebt werden – und sie Gleichberechtigung in ihrem Arbeitsumfeld spüren.
Einsatz von Unternehmen und Politik gefragt
„Auch wenn der Wandel vereinzelt spürbar ist, braucht es unbedingt weiterhin den starken Einsatz für Chancengleichheit“, so Hartmann. „Wenige Positivbeispiele und Lippenbekenntnisse reichen nicht. Das Ziel muss eine tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern sein, auf allen Ebenen. Denn Fakt ist: Das eigene Netzwerk spielt immer noch eine entscheidende Rolle. Ich spreche aus eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass viele Frauen ihre Jobs nur deshalb erfolgreich ausüben können, weil sie familiäre Unterstützung bei der Care-Arbeit bekommen. Hier sind Unternehmen und Politik gleichermaßen gefragt, Abhilfe zu schaffen. Sei es mit wirkungsvollen Frauenförderungs- und Gleichstellungsprogrammen, sei es mit Unterstützungsmaßnahmen beim Wiedereinstieg für Frauen nach Familienpause oder mit funktionierender Infrastruktur zur Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.“ Während in den neuen Bundesländern ein kleiner Fortschritt erkennbar ist – u. a. mit Blick auf die höhere Verfügbarkeit von Kita- und Krippenplätzen – und z. B. in Sachsen-Anhalt mehr Frauen in Führungspositionen sind als im Bundesdurchschnitt, gibt es flächendeckend noch großen Nachholbedarf.
Niebauer ergänzt: „Die Rechnung ist einfach: Attraktive Arbeitsbedingungen locken mehr Frauen in die IT – und die braucht es.“ Laut Bitkom-Berechnungen liegt der Frauenanteil – Stand Mai 2024 – gerade einmal bei 30 % in der deutschen IT-Branche. Niebauer weiter: „Es ist in mehreren Studien bereits nachgewiesen, wie beispielsweise von McKinsey in „Diversity wins: How inclusion matters“, dass heterogene Teams im Vergleich zu homogenen Gruppen erfolgreichere Entscheidungen treffen. IT-Unternehmen – beziehungsweise Unternehmen im Allgemeinen –, die noch stark an der homogenen Teamstruktur festhalten, sollten sich bemühen, dies zu ändern. Denn mit Blick auf die IT-Fachkräftelücke ist es unabdingbar, ein attraktiver Arbeitgeber für Mann und Frau zu sein.“
Das macht die Arbeit der Women@DSAG umso wichtiger: „Wir müssen das Thema weiterhin präsent halten“, schließt Hartmann. „Es gilt, mehr Frauen auf ihrem Weg in und innerhalb der IT zu bekräftigen, und mit Role Models zu zeigen, dass es durchaus auch positive Beispiele gibt.“
Erhebungsgrundlage
Im Zeitraum vom 4. Februar 2025 bis 2. März 2025 haben 139 Personen an der Umfrage teilgenommen. Befragt wurden die Mitglieder der Initiative Women@DSAG – und damit Frauen innerhalb der DSAG und aus dem SAP- bzw. IT-Umfeld. 92 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen sind ansässig in Deutschland, 4 Prozent in Österreich und 4 Prozent in der Schweiz.
Quelle DSAG
Alle Angaben ohne Gewähr
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